BASE veröffentlicht wissenschaftlichen Bericht zur Ablaufplanung des Standortauswahlverfahrens
Das Standortauswahlverfahren zur Suche eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle ist ein komplexes Infrastrukturvorhaben, bei dem auf wenig Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Mit dem vom BASE veröffentlichten Abschlussbericht zum Vorhaben "Unterstützung des BASE bei der Prozessanalyse des Standortauswahlverfahrens" wird erstmalig eine Gesamtprozessanalyse vorgelegt.
Die Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle (Standortauswahlverfahren) wird in Deutschland durch das Standortauswahlgesetz (StandAG) geregelt. Im Rahmen dieses Verfahrens werden nicht nur an die Wissenschaft, sondern auch an Beteiligung höchste Maßstäbe gesetzt. Es ist ein komplexes Infrastrukturvorhaben, bei dem auf wenig Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Mit dem jetzt vom BASE veröffentlichten Abschlussbericht zum Vorhaben "Unterstützung des BASE bei der Prozessanalyse des Standortauswahlverfahrens" wird erstmalig aus wissenschaftlicher Sicht auf Basis der fachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen eine Gesamtprozessanalyse vorgelegt.
Stellungnahme zur aktuellen Diskussion
- Der Zeitplan des Öko-Instituts bestätigt im wesentlichen die Zeitabschätzungen der BGE und berücksichtigt zudem noch weitere Faktoren, die die BGE in ihrem Bericht noch nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Das BASE hatte bereits kurz nach Veröffentlichung des damaligen Berichtes der BGE auf diese hingewiesen.
- Die sowohl von BGE mit 2068 als auch aktuell vom Öko-Institut mit 2074 identifizierten Zeiträume sind unter den derzeitigen vom Standortauswahlgesetz vorgegebenen Rahmenbedingungen und bislang gemachten Erfahrungen durchaus realistisch. Sie sind aber deutlich zu lang, denn auch Zeit kann zu einem Sicherheitsfaktor werden. Das BASE sieht mit dem Abschlussbericht des Öko-Instituts daher wesentliche Aspekte seiner bereits im Februar 2023 veröffentlichten Stellungnahme "Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle - generationenübergreifende Sicherheit" bestätigt: Die Zeitbedarfe zur Umsetzung des Standortauswahlverfahrens in seiner heutigen Form würden dazu führen, dass die Zielstellung einer zügigen Entsorgung der hochradioaktiven Abfälle nicht erreicht werden kann, sondern nachfolgende Generationen dadurch belastet bleiben.
- Genau aus diesem Grund hat sich das BASE nach Veröffentlichung des Berichtes der BGE für eine grundsätzliche Evaluierung des Verfahrens ausgesprochen. Es gilt zu analysieren, welche Beschleunigungspotenziale bestehen und ob und wo das Verfahren angepasst werden sollte. Das BASE hält es dabei auch für notwendig, eine ehrgeizige aber erreichbare Zielmarke zu identifizieren. Es empfehlt, die von der BGE in ihrem Bericht genannte Best-Case-Zielmarke von 2046 als Benchmark zu verwenden und auf dieser Basis zu analysieren, wie das Verfahren angepasst werden kann, um dieses Ziel zu erreichen. Dazu ist das BASE im Austausch mit den involvierten Akteuren wie BGE, BMUV und NBG.
- Das Vorhaben PASTA hat eine lange Vorlaufzeit. Es wurde 2020 gestartet, auf das Projekt sowie auf Zwischenergebnisse wurde verschiedentlich, u.a. bereits in der Stellungnahme des BASE zu den Zeitabläufen in der Standortauswahl vom Februar 2023, öffentlich hingewiesen
- Die im Vorhaben des Öko-Instituts enthaltenen Optimierungsvorschläge werden auf ihre Umsetzbarkeit für das Verfahren geprüft. Hierbei sind alle an der Standortsuche beteiligten Institutionen gefordert. Manche Optimierungen wurden bereits übernommen und umgesetzt. So hatte das BASE in der Folge des ersten Zeitplanberichtes der BGE etwa das Konzept der begleitenden Aufsicht, das auch vom Öko-Institut vorgeschlagen wird, als Optimierungspotenzial identifiziert und dieses sukzessive umgesetzt.
Ergebnisse liefern wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zur Umsetzung der Endlagersuche
Zentrale Bestandteile des vom Öko-Institut e.V. zusammen mit der Kanzlei Becker Büttner Held (bbh) bearbeiteten Vorhabens sind eine Analyse der für das Standortauswahlverfahren geltenden Rahmenbedingungen sowie die Erstellung eines Projektablaufplanes für das Gesamtverfahren. Auch wurde der kritische Projektpfad ermittelt und eine Analyse zur Identifizierung wesentlicher Risiken auf technischer, sozioökonomischer und juristischer Ebene sowie der daraus resultierenden Konsequenzen erarbeitet. In einem letzten Schritt erfolgt ein Abgleich der Ergebnisse mit den vom Vorhabenträger gemäß StandAG vorliegenden Planungen. Den Abschluss der Arbeiten bilden vom Auftragnehmer vorgeschlagene mögliche generische Handlungsoptionen mit Fokus auf einen optimierten zeitlichen Verlauf des Standortauswahlverfahrens.
Der im Vorhaben erarbeitete Projektablaufplan zeigt auf, dass das Standortauswahlverfahren auf Basis der betrachteten Randbedingungen deutlich länger für die Festlegung eines Standortes benötigen wird als im StandAG mit dem Jahr 2031 angestrebt. Die Vorhabenträgerin BGE hatte Ende 2022 einen Zeitbedarf von bis zu 2068 abgeschätzt, dabei aber noch nicht alle Verfahrensschritte einberechnet. Die hier vorliegenden Ergebnisse stellen erstmals alle Verfahrensschritte dar und ermitteln rechnerisch einen zusätzlichen Zeitbedarf von bis zu sechs Jahren.
Die erstellte Risiko- und Konsequenzenanalyse identifiziert darüber hinaus Verfahrensschritte, Vorgehensweisen, Entscheidungen sowie Abhängigkeiten mit besonderer Relevanz für den zeitlichen Ablauf das Standortauswahlverfahren. So wird beispielsweise die Anzahl der durch die Vorhabenträgerin BGE in den kommenden Jahren zu identifizierenden, möglichen Standortregionen erheblichen Einfluss auf das weitere Verfahren haben. Die Autor:innen schlagen daneben auch mögliche generische Handlungsoptionen vor. Insgesamt stellen die Ergebnisse des Vorhabens einen wesentlichen fachwissenschaftlichen Beitrag für die Diskussion zur weiteren Umsetzung des Standortauswahlverfahrens dar.
BASE sieht Ausführungen der eigenen Stellungnahme zur zeitlichen Betrachtung des Standortauswahlverfahrens bestätigt
Das BASE sieht mit dem Schlussbericht wesentliche Aspekte seiner bereits im Februar 2023 veröffentlichten Stellungnahme "Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle - generationenübergreifende Sicherheit" bestätigt. Darin war das BASE zu der Schlussfolgerung gekommen, dass eine Evaluierung des Standortauswahlverfahrens im Einklang mit der gesetzlich verankerten Forderung nach einem lernenden Verfahren notwendig ist. Auch mit Blick auf die hohe Komplexität des Verfahrens bleibt das BASE bei seiner Forderung, sich spätestens 2046 auf ein Endlager festzulegen und diese Jahreszahl als Benchmark im Endlagersuchprozess zu setzen.
Dieser Text wurde am 08.08.2024 aktualisiert und um eine Stellungnahme zur aktuellen Diskussion ergänzt.