Alle deutschen Bundesländer und Regionen werden in die Suche einbezogen. Die Gebiete werden in unterschiedlichen Phasen des Suchprozesses auf ihre Eignung untersucht. Es wird ausgeschlossen, bewertet und verglichen, bis am Ende der bestmögliche Standort für ein Endlager übrig bleibt.
Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie
Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima beschloss der Deutsche Bundestag im Juni 2011 mit breiter Mehrheit den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie zur gewerblichen Stromerzeugung. Im April 2023 gingen die letzten Atomkraftwerke vom Netz. Übrig bleiben u.a. 1750 Behälter mit 27.000 Kubikmetern hochradioaktiven Abfällen, die dauerhaft sicher endgelagert werden müssen.
Laut Gesetz soll innerhalb Deutschlands der Standort für ein Endlager für hochradioaktiven Müll gefunden werden - ergebnisoffen, transparent, nach gesetzlich festgelegten fachlichen Kriterien und unter Beteiligung der Öffentlichkeit. Die einzelnen Verfahrensschritte regelt das Standortauswahlgesetz (StandAG). Es wurde auf Basis der Empfehlungen der Endlagerkommission fortentwickelt und trat im Mai 2017 in Kraft.
Zum Start der Endlagersuche wurde gesetzlich festgelegt, dass eine Standortentscheidung im Jahr 2031 angestrebt wird. Die Arbeiten der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mbH nehmen nach aktuellen Angaben der BGE mbH aber erheblich mehr Zeit in Anspruch als erwartet. Die daraus zu ziehenden Schlüsse für das Verfahren werden nun von den beteiligten Institutionen ausgewertet.
Ablauf der Suche
Das Standortauswahlverfahren begann 2017 mit einer „weißen Landkarte“. Das bedeutet, dass zu Beginn alle deutschen Bundesländer und alle Regionen in die Suche einbezogen wurden. Die Gebiete wurden zunächst auf Basis von vorhandenen geologischen Daten auf ihre Eignung untersucht, in den folgenden Phasen geschieht dies mittels Erkundungsprogrammen.
1. Ermittlung von Teilgebieten und Standortregionen
In der 1. Phase sammelt die BGE mbH, das mit der Suche beauftragte Unternehmen, geologische Daten der Bundesländer und wertet diese nach gesetzlich festgelegten Kriterien aus. Dazu gehören Ausschlusskriterien wie Erdbebengefahr, Vulkanismus oder Schädigungen des Untergrundes durch Bergbau. Des Weiteren untersucht die BGE mbH, welche Gebiete aus ihrer Sicht die Mindestanforderungen erfüllen. Zum Beispiel sollen 300 Meter Gestein das Endlager von der Erdoberfläche trennen. Eine ausreichend starke Schicht aus Granit, Salz oder Ton muss das Endlager umgeben.
Damit alle Interessierten möglichst früh einen Einblick in den Stand der Arbeiten bekommen, stellte die BGE mbH einen Zwischenbericht zur Diskussion. Sie hat diesen am 28. September 2020 veröffentlicht. Darin wird sichtbar, welche Gebiete aus Sicht des Unternehmens aufgrund ihrer geologischen Nichteignung möglicherweise ausscheiden. Der Bericht stellt keine Festlegung dar, welche Gebiete untersucht werden und welche nicht. Das geschieht erst am Ende der ersten Phase.
Die Veröffentlichung des Zwischenberichtes war zugleich der Startschuss für das erste gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsformat: die Fachkonferenz Teilgebiete. Sie richtete sich an Bürger:innen, Kommunen, gesellschaftliche Organisationen und Wissenschaftler:innen. Die Fachkonferenz begann mit einer Auftaktveranstaltung des BASE im Oktober 2020. Ihr Ziel war es, eine einheitliche Informationsgrundlage für alle Interessierten zu schaffen und die Selbstorganisation der Fachkonferenz-Teilnehmer:innen anzustoßen. Es folgten drei Beratungstermine, auf welchen der Zwischenbericht zur Diskussion stand. Nach Abschluss der Beratungen übermittelte die Fachkonferenz ihre Ergebnisse an die BGE mbH, die diese wiederum bei ihrer weiteren Arbeit zu berücksichtigen hat.
Nach der Anwendung weiterer Kriterien und vorläufiger Sicherheitsuntersuchungen übermittelt die BGE mbH am Ende der ersten Phase einen Vorschlag für übertägig zu erkundende Standortregionen an das BASE. Das BASE prüft den Vorschlag und richtet in jeder der vorgeschlagenen Regionen eine Regionalkonferenz ein. Sie sind die wichtigsten Gremien zur Beteiligung der Öffentlichkeit vor Ort und können beispielsweise Stellungnahmen abgeben, Nachprüfaufträge anfordern oder wissenschaftliche Expertise einholen.
Am Ende der Beteiligung und Überprüfung übermittelt das BASE den Vorschlag an die Bundesregierung. Welche Gebiete weiter erkundet werden sollen, entscheiden die gewählten Volksvertreter:innen des Bundestags per Gesetz. Erst wenn ein Gebiet endgültig aus dem Auswahlverfahren ausscheidet, löst sich die zugehörige Regionalkonferenz auf.
2. Übertägige Erkundung
In der 2. Phase finden übertägige Erkundungen in den Standortregionen statt. Die BGE mbH untersucht den Untergrund durch Erkundungsbohrungen und seismische Messungen. Dadurch erhält die BGE mbH ein genaues Bild der Geologie. Auf dieser Basis schlägt sie vor, welche Standorte in der dritten Phase untertägig erkundet werden sollen. Auch hier prüft das BASE den Vorschlag, abschließend entscheidet wieder der Gesetzgeber.
3. Untertägige Erkundung
In der 3. Phase erfolgt eine untertägige Erkundung von mindestens zwei Standorten durch die BGE mbH. Geolog:innen untersuchen mit Bohrungen und anderen Methoden das Gestein. Auf Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Erkundungsdaten legt die BGE mbH einen Standortvorschlag vor. Das BASE bewertet die Ergebnisse aus den Untersuchungen sowie aus dem Beteiligungsverfahren und übermittelt den geprüften Vorschlag mitsamt seinen Empfehlungen für den Endlagerstandort mit der bestmöglichen Sicherheit.
Aktuell befindet sich das Standortauswahlverfahren in der ersten von drei Phasen. Der erste Schritt der Phase 1 ist bereits abgeschlossen: Das mit der Suche beauftrage Unternehmen, die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), hat geologische Daten der Länder gesammelt und ausgewertet. Den ersten Arbeitsstand hat die BGE in Form eines Zwischenberichts (2020) veröffentlicht und in der Fachkonferenz Teilgebietemit der Öffentlichkeit diskutiert.
Die BGE hat im Zwischenbericht 90 Teilgebiete ausgewiesen, die 54 Prozent des Bundesgebiets umfassen. Im weiteren Verlauf der ersten Phase wird das Unternehmen die Teilgebiete eingrenzen und Regionen vorschlagen, die es dann weiter untersuchen wird. Damit die Arbeit der BGE nachvollziehbar bleibt, plant die BGE eine jährliche Veröffentlichung von Arbeitsständen zur Eingrenzung der Teilgebiete. Die ersten Arbeitsstände wurden am 04.11.2024 veröffentlicht. Sie sind jedoch rein vorläufiger Natur und sollen einen Einblick in die Arbeitswerkstatt der BGE geben. Im nächsten Arbeitsschritt führt die BGE u. a. repräsentative vorläufige Sicherheitsuntersuchungen durch und bewertet damit erstmalig im Verlauf des Standortauswahlverfahrens die Sicherheit eines möglichen Endlagers in den jeweiligen Teilgebieten.
Wer sind die wichtigsten Akteure im Standortauswahlverfahren?
Das BASE als Kontroll- und Aufsichtsbehörde sowie Trägerin der Öffentlichkeitsbeteiligung. Die BGE mbH als Vorhabenträgerin, die die Suche operativ durchführt. Das NBG, das die Suche unabhängig begleitet. Das BMUV, das die Fach- und Rechtsaufsicht über das BASE ausübt und gegenüber der BGE mbH die Rolle des Beteiligungsmanagements für den Bund als Eigentümer wahrnimmt. Der Bundestag, der die Standortentscheidung schließlich fällt. (Mehr erfahren)
Wer führt die Suche durch?
Mit den konkreten Arbeiten zur Suche hat der Bund die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH beauftragt. Das Unternehmen sammelt und wertet geologische Daten aus und wird mögliche Standorte auf ihre Eignung hin untersuchen.
Was ist die Aufgabe des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung?
Der Gesetzgeber hat dem BASE bei der Endlagersuche zwei Aufgaben zugewiesen: Das BASE ist zum einen Kontroll- und Aufsichtsbehörde bei der Suche nach einem Endlager. Es bewertet die Vorschläge und Erkundungsergebnisse der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH und übermittelt den geprüften Vorschlag mitsamt seinen Empfehlungen für den Endlagerstandort an das BMUV. Es begleitet den Suchprozess und überwacht, dass die Suche so abläuft, wie sie im Gesetz festgelegt ist.
Das BASE ist zum anderen Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung und damit für die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit verantwortlich. Es stellt die für die Standortauswahl wesentlichen Informationen frühzeitig, umfassend, systematisch und dauerhaft zur Verfügung. Es hat die Verpflichtung, die gesetzlich festgelegten Beteiligungsformate zu organisieren und evaluiert die Instrumente und Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung.
Darüber hinaus können alle verantwortlichen Akteure im Standortauswahlverfahren weitere Formen der Beteiligung organisieren.
Welche Aufgabe hat der Bundestag im Standortauswahlverfahren?
Das Standortauswahlverfahren läuft in mehreren Stufen ab. Nach jeder Stufe legt die Bundesregierung dem Parlament ein Gesetz zur Abstimmung vor. Laut Gesetz berät und beschließt der Bundestag über:
die Standorte, die untertägig erkundet werden sollen (§ 17 StandAG)
den Standortvorschlag (§ 20 StandAG)
Was macht das Nationale Begleitgremium (NBG)?
Für die übergreifende Begleitung der Endlagersuche wurde bereits vor Inkrafttreten des aktuellen Standortauswahlgesetzes das Nationale Begleitgremium eingerichtet, das sich aus anerkannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie aus Bürgervertreter:innen zusammensetzt. Das NBG soll von Beginn an die Endlagersuche, und dabei insbesondere die Öffentlichkeitsbeteiligung, vermittelnd und unabhängig begleiten. Es hat die Möglichkeit, sich wissenschaftlich beraten zu lassen. Das NBG hat ein Akteneinsichtsrecht und kann die BGE mbH und das BASE jederzeit befragen, Stellungnahmen abgeben und dem Bundestag weitere Empfehlungen zum Standortauswahlverfahren geben.
Welche Rolle hat das Bundesumweltministerium (BMUV)?
Das BASE untersteht der Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Das Ministerium überwacht, ob das BASE bei seinen Tätigkeiten recht- und zweckmäßig handelt. Das BMUV trägt die politische Gesamtverantwortung im Bereich Endlagerung.
Wie ist das Verhältnis des BASE zu anderen Verfahrensakteuren?
Das BASE überwacht den Vollzug des Standortauswahlverfahrens. Dies beinhaltet die Aufsicht darüber, dass die gesetzlichen Vorgaben des Verfahrens von allen Beteiligten beachtet werden. Sie beinhaltet nicht die Unternehmenssteuerung des Vorhabenträgers bei der Endlagersuche, der BGE mbH. Diese liegt bei der Beteiligungsverwaltung des Bundesumweltministeriums.
Darüber hinaus nimmt das BASE im gesetzlich festgelegten Rahmen fachlich-inhaltliche Aufgaben wahr. Dies bedeutet zum Beispiel, dass es das BMUV zu fachlich-inhaltlichen und Verfahrensfragen berät, bis hin zu Entwürfen für Gesetzesänderungen. Diese Rolle ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen BASE und BMUV: Das BMUV ist gegenüber dem BASE Fachaufsicht und achtet auf die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Handlungen des BASE. In Abgrenzung dazu nimmt das BMUV der BGE mbH gegenüber die Rolle des Beteiligungsmanagements für den Bund als Eigentümer wahr. Die Steuerung des Gesellschafters erfolgt u.a. über Wirtschaftspläne. Eine Fachaufsicht des Staates – also von BMUV oder BASE – gegenüber seinen privatrechtlich organisierten Beteiligungsunternehmen erfolgt nicht.
Zur Diskussion um verlängerte AKW-Laufzeiten (auf der Website des BASE)